Neue Anforderungen für Einsatzkräfte: vfdb präsentiert 7-Punkte-Plan

Zunehmende Extremwetterlagen: vfdb betont Notwendigkeit von Selbstschutz und Führungsstrukturen

MÜNSTER (redu/PM). In Reaktion auf die jüngsten Hochwasserkatastrophen und andere Naturkatastrophen in Süddeutschland hat die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) ein sieben Punkte umfassendes Positionspapier veröffentlicht. Darin fordert sie umfassende Reformen in der Ausbildung und Ausrüstung der Einsatzkräfte sowie in den Führungsstrukturen und betont die Notwendigkeit, die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung zu stärken.

Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) hat in einem neuen Positionspapier auf die zunehmenden Naturkatastrophen und die jüngste Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland reagiert. Der sieben Punkte umfassende Plan betont die dringende Notwendigkeit, Ausbildung und Ausrüstung der Einsatzkräfte zu verbessern und funktionale Führungsstrukturen zu etablieren.

Das sind die sieben Punkte in Kurzform:

1. Die Ausbildung für die Einsatzkräfte der Gefahrenabwehr muss den Lagen und Risiken angepasst werden.

Nach wie vor gibt es in Deutschland keine einheitlichen Ausbildungsunterlagen für dynamische Flutlagen oder die Vegetationsbrandbekämpfung. Es gibt keine Schulen oder Trainingsmöglichkeiten für die sichere Ausbildung und das Training dynamischer wetterbedingter Schadenslagen sowie keine praktischen Ausbildungsstätten für das gemeinsame praktische Training der verbundenen Einsatzmittel aller im Einsatz beteiligten Organisationen.

2. Die Ausrüstung muss verbessert werden.

Viele Einsatzkräfte verfügen nach wie vor nicht über die richtige, oder auch nur ausreichende persönliche oder spezielle Schutzausrüstung. Viele Einsatzfahrzeuge sind nicht für den Einsatz in Schadenslagen mit oft zerstörter Infrastruktur geeignet. Sichere Kommunikationsmittel, vom Sprechfunk bis zum Datenaustausch, gehören zwingend mit dazu. Kommunen müssen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die lokalen Gefahren jenseits der Standardszenarien wie Wohnungsbrand oder Verkehrsunfall besser vorbereiten. Ebenso müssen sich die dafür zuständigen Bundesländer im Katastrophenschutz besser aufstellen, diesen dafür besser ausrüsten sowie auch besser ausbilden. Aus den Erfahrungen der europäischen Strukturen zu lernen ist dabei sinnvoll.

3. Führungsstrukturen sind weiterzuentwickeln und aktuellen Anforderungen anzupassen.

In allen Bereichen muss es funktionsfähige Führungsstrukturen und -mittel geben. Das beginnt bei der Ausstattung von Einsatzzügen mit geeigneten Führungsfahrzeugen. Es geht weiter über die Vorhaltung personell und materiell über längere Zeit funktionsfähiger mobiler und stationärer Führungsstellen bis zu Stäben und den Führungseinrichtungen der jeweiligen Landesregierungen. Der Informationsaustausch über alle Ebenen muss jederzeit und adäquat erfolgen. Das bedeutet kompatible Datenübertragungsstrukturen ebenso wie Lagedarstellungsmöglichkeiten und redundante Kommunikationsmittel. Dynamische Großlagen sind in Deutschland in aller Regel wetterbedingt. Das bedeutet, dass Führungsgremien in der Lage sein müssen, um aktuelle Lagebilder und Prognosen in Realzeit erstellen und kommunizieren können.

4. Naturschutz muss gegenüber Gefährdungen für Menschen, Tiere und Sachwerte abgewogen werden.

Zu oft wird der Naturschutz nur unter einem Aspekt betrachtet. Notwendig jedoch ist es, für die bestehenden und kommenden Herausforderungen in der Gefahrenabwehr mehr praktische und pragmatische Lösungen zu finden, die auch eine Abwägung von einzelnen Maßnahmen des Naturschutzes gegenüber den dadurch hervorgerufenen oder auch nur verstärkten Risiken für Menschen, Tiere und Sachwerte beinhalten.

5. Selbstschutz und Selbsthilfe stärken.

Einsatzkräfte können in großen Einsatzlagen nicht alle Menschen und Objekte zur gleichen Zeit schützen. Daher gilt es, immer nach Risiken zu priorisieren und Einsätze nacheinander abzuarbeiten. Das heißt jedoch auch, dass es allen Betroffenen hilft, wenn sich die Bevölkerung möglichst selbstständig zu helfen weiß und so die Ressourcen für die wirklich wichtigen Einsätze frei bleiben. Die Bevölkerung muss wieder mehr dazu gebracht werden, selbst mit dafür zu sorgen, Gefahren zu vermeiden oder das eigene Risiko zu verringern. Hierzu gehören unter anderem das Verständnis für Warnungen, das Wissen um Alarmierungs- und Entwarnungsarten sowie eine Akzeptanz von Verboten in gefährdeten Gebieten. Die Gesellschaft sollte insgesamt befähigt werden, schnell, angemessen und zielorientiert zu handeln – ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen.

6. Prävention verbessern.

Um die Risiken für sich und andere zu begrenzen, müssen offensichtliche Gefahren reduziert werden. Dazu gehört z.B., verstopfte Ein- und Durchflüsse zu säubern und freizuhalten; das Verbot von Feuer etc. in der Vegetation zu beachten, Entstehungsbrände zu melden und, wenn gefahrlos möglich, Brände zu löschen oder kleinzuhalten. Entsprechende Kenntnisse müssen in den Schulen, Unternehmen und Einrichtungen vermittelt werden.

7. „Aus Fehlern lernen“ – Fähigkeitslücken schließen.

In Deutschland ist die systematische Auswertung von Schadenslagen weiterhin nicht ausreichend etabliert. Aus den Erfahrungen der vergangenen Lagen zu lernen, muss in allen Bereichen der Gefahrenabwehr stärker beachtet werden. Fähigkeitslücken müssen systematisch identifiziert werden. Zugleich müssen durch Forschung und Entwicklung Lösungen zur Beseitigung zeitnah geschaffen werden. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei auf den schnellen Transfer guter Lösungen in die tägliche Einsatzpraxis zu legen.

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