Weltweite Pressefreiheit erreicht Tiefpunkt
Pressefreiheit in der Krise: Mehr als die Hälfte stark eingeschränkt.
BERLIN (redu). Die neue Rangliste der Pressefreiheit 2025 von Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigt alarmierende Entwicklungen: In über der Hälfte aller Länder leben Menschen unter massiv eingeschränkter Pressefreiheit. Ursachen sind wirtschaftliche Unsicherheit, politische Repressionen und Medienkonzentration.
Pressefreiheit in mehr als 90 Ländern ernsthaft bedroht
Reporter ohne Grenzen hat zum Welttag der Pressefreiheit am 2. Mai 2025 die aktuelle Rangliste zur Lage der Pressefreiheit in 180 Staaten und Territorien veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Verschlechterung: In 90 Ländern ist die Situation für Medienschaffende als „schwierig“ oder „sehr ernst“ eingestuft. Mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung lebt inzwischen in Staaten mit einer sehr ernsten Lage der Pressefreiheit. Der Rückgang ist nicht nur auf direkte staatliche Repressionen zurückzuführen, sondern zunehmend auch auf wirtschaftliche Unsicherheiten und strukturelle Schwächen in vielen Mediensystemen.
- Die neue Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigt: Die weltweite Lage der Pressefreiheit ist 2025 auf historischem Tiefstand.
- Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Staaten mit „sehr ernster“ Lage der Pressefreiheit.
- Nur in sieben Ländern ist die Lage „gut“, alle liegen in Europa. Deutschland rutscht auf Platz 11 ab.
- Neben einer fragilen Sicherheitslage und zunehmendem Autoritarismus macht vor allem der ökonomische Druck den Medien weltweit zu schaffen.
Ökonomischer Druck als globales Problem
Ein zentrales Ergebnis der RSF-Analyse ist der ökonomische Druck, unter dem Medien weltweit stehen. In 160 von 180 untersuchten Ländern gelingt es Medienunternehmen kaum oder gar nicht, wirtschaftlich stabil zu arbeiten. Die Kategorie „Wirtschaft“ weist unter den fünf untersuchten Bereichen die niedrigsten Bewertungen auf. Der Besitz von Medien konzentriert sich in vielen Ländern in den Händen weniger Eigentümer. Besonders drastisch ist die Situation in Russland, wo staatliche und staatsnahe Akteure die Medienlandschaft dominieren. In rund einem Drittel der Länder mussten Redaktionen im vergangenen Jahr aus wirtschaftlichen Gründen schließen.
Staatlicher Einfluss auf Medienfinanzierung
In autoritär regierten Ländern wie Ungarn wird Medienvielfalt durch staatlich gesteuerte Anzeigenvergabe gezielt untergraben. Auch internationale Förderprogramme, auf die unabhängige Redaktionen häufig angewiesen sind, stehen unter Druck. Gleichzeitig ziehen große Tech-Unternehmen den Großteil der globalen Werbeeinnahmen an sich. Ihre dominante Marktposition gefährdet die Finanzierung unabhängiger Medien zusätzlich. Besonders problematisch ist dabei der unregulierte Einfluss sozialer Netzwerke auf die Verbreitung von Falschinformationen.
Deutschland auf Platz 11 – Probleme trotz guter Gesamtlage
Deutschland fällt in der neuen Rangliste auf Platz 11 zurück und rutscht damit aus den Top 10. Zwar gilt die Lage hier weiterhin als „zufriedenstellend“, doch Medienschaffende berichten zunehmend von Bedrohungen, insbesondere im Zusammenhang mit rechtsextremen Gruppen und der Berichterstattung über den Nahostkonflikt. RSF fordert unter anderem eine plattformunabhängige Medienförderung, eine Reform des Medienkonzentrationsrechts sowie eine Stärkung gemeinnütziger journalistischer Initiativen, um der wirtschaftlichen Schwächung entgegenzuwirken.
Verschlechterungen auf dem amerikanischen Kontinent
Auf dem amerikanischen Kontinent ist in über der Hälfte der Länder ein Rückgang der Pressefreiheit zu beobachten. Besonders betroffen ist Argentinien, das nach massiven Eingriffen durch Präsident Javier Milei stark abgerutscht ist. Die Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Einschränkung des Informationszugangs haben das Land auf Rang 87 fallen lassen. Mexiko bleibt das gefährlichste Land für Journalistinnen und Journalisten außerhalb von Kriegsgebieten. In keinem anderen Land wurden 2024 mehr Medienschaffende getötet. In den USA hat sich das Klima für unabhängige Medien unter der neuen Trump-Regierung weiter verschlechtert. Der Entzug von Akkreditierungen, feindliche Rhetorik gegenüber Medien und massive Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit betreffen auch zahlreiche internationale Partnerredaktionen.
Medien in Osteuropa und Zentralasien unter Druck
Die Auswirkungen der US-Entscheidungen sind besonders in Osteuropa und Zentralasien spürbar. Viele Redaktionen in diesen Regionen sind auf internationale Fördermittel angewiesen. Die Kürzung von USAID-Mitteln gefährdet die Existenz unabhängiger Medien in Ländern wie der Ukraine, wo rund 90 Prozent der Redaktionen auf solche Zuschüsse angewiesen sind. In Georgien wird die Medienlandschaft von oligarchischen Strukturen dominiert. Ein neues Gesetz gegen „ausländische Einflussnahme“ erschwert zusätzlich die Annahme internationaler Unterstützung und kriminalisiert unabhängige Berichterstattung.
Europa bleibt stärkste Region – mit Ausnahmen
Europa bleibt die Region mit den besten Bedingungen für Pressefreiheit. Sieben Länder, alle in Europa, erhalten 2025 die Bewertung „gut“. Norwegen liegt auf Platz 1, gefolgt von Estland. Beide Länder zeichnen sich durch stabile demokratische Strukturen und ein starkes Auskunftsrecht für Journalistinnen und Journalisten aus. Polen verbessert sich deutlich nach dem Regierungswechsel 2023. Dort ist die Zahl missbräuchlicher Klagen gegen Medienschaffende zurückgegangen. In anderen EU-Staaten wie der Slowakei bestehen jedoch weiterhin strukturelle Probleme.
Regionen mit sehr ernster Lage
Im Nahen Osten und Nordafrika ist die Lage für Medienschaffende besonders prekär. In Gaza wurden fast 200 Journalistinnen und Journalisten getötet – so viele wie in keinem anderen Kriegskontext. Israel fällt in der Rangliste auf Platz 112, die Palästinensischen Gebiete liegen auf Platz 163. Auch in der Region Asien-Pazifik ist die Pressefreiheit stark eingeschränkt. In Ländern wie China, Indien und Indonesien sind viele Medien unter politischem Druck. In China sitzen derzeit mindestens 113 Medienschaffende in Haft. In Afrika verschärft sich die Lage ebenfalls. Besonders im südlichen Afrika, im Sudan und in Mali berichten Medien von zunehmender Zensur und wirtschaftlicher Not. In der Demokratischen Republik Kongo mussten zahlreiche Radiostationen schließen.
Methodik der Rangliste
Die Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen basiert auf fünf Indikatoren: politischer Kontext, rechtlicher Rahmen, wirtschaftliches Umfeld, soziokulturelle Faktoren und Sicherheit. Sie wird seit 2002 jährlich veröffentlicht und soll ein umfassendes Bild zur globalen Lage der Pressefreiheit liefern.