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OVG Lüneburg

Beschluss des OVG Lüneburg setzt 2Gplus bei körpernahen Dienstleistungen außer Vollzug

10. Dezember 2021/in Niedersachsen

HANNOVER (PM). Die Landesregierung reagiert auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zur Außervollzugsetzung der 2Gplus-Regelungen bei körpernahen Dienstleistungen. Der Beschluss wird nun kurzfristig auf mögliche rechtliche Auswirkungen auf die geplanten Maßnahmen der Verordnungsänderung geprüft.

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Prüfungen wird die Änderungsverordnung nun entgegen der bisherigen Ankündigungen nicht am Samstag, sondern erst am Sonntag, den 12. Dezember, in Kraft treten können. Das bedeutet unter anderem, dass auch die geplante 2G-Regelung für den Einzelhandel erst ab diesem Zeitpunkt gelten wird.

In einer Pressemitteilung des OVG Lüneburg wird folgende Information gegeben:

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat im Laufe der Woche in insgesamt drei Normenkontrolleilverfahren, die sich gegen die sog. 2-G-Plus-Regelung in der Warnstufe 2 der aktuellen Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) richteten, Entscheidungen getroffen (Az.: 13 MN 462/21, 13 MN 463/21 und 13 MN 464/21). Die 2-G-Plus-Regelung beschränkt den Zugang zu verschiedenen Einrichtungen und Anlagen auf Personen, die neben einem Impfnachweis oder einem Genesenennachweis jeweils zusätzlich einen Nachweis über eine negative Testung gemäß § 7 Corona-VO vorlegen.

In den Verfahren 13 MN 462/21, 13 MN 463/21 und 13 MN 464/21 hatten sich verschiedene Antragsteller gegen die Anwendung der 2-G-Plus-Regelung in den für den Benutzerverkehr zugänglichen geschlossenen Räumen von Theatern, Kinos und ähnlichen Kultureinrichtungen, Spielhallen, Spielbanken und Wettannahmestellen sowie Zoos, botanischen Gärten und Freizeitparks (§ 8 Abs. 2 und 6 Satz 1 Corona-VO), in den geschlossenen Räumen von Sportanlagen (§ 8b Abs. 4 Satz 1 Corona-VO) und in den geschlossenen Räumen von Diskotheken (§ 12 Abs. 2 Satz 2 Corona-VO) sowie ergänzende Betriebsbeschränkungen, wie die Pflicht zum Tragen einer FFP-2-Maske und Kapazitätsbeschränkungen, gewandt. Der 13. Senat hat die hierauf bezogenen Normenkontrolleilanträge abgelehnt, weil die insoweit angeordneten Infektionsschutzmaßnahmen voraussichtlich rechtmäßig seien.

In Bezug auf das System der Warnstufen, Wertebereiche und Schwellenwerte der §§ 2 und 3 Corona-VO hat der Senat zwar weiteren Klärungsbedarf gesehen, diesen mangels Entscheidungserheblichkeit für die konkreten Verfahren aber zunächst zurückgestellt. Angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens im Land Niedersachsen dürften Ungeimpfte derzeit vom Zugang zu den genannten Einrichtungen und Anlagen ausgeschlossen werden. Primäres Ziel dieses Ausschlusses müsse es sein, eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu verhindern. Dieses Ziel könne mit dem Ausschluss Ungeimpfter von den genannten Anlagen und Einrichtungen derzeit angemessen erreicht werden. Denn die Benutzung dieser Anlagen und Einrichtungen sei regelmäßig mit einem signifikant erhöhten Infektionsrisiko verbunden, das sich gerade bei den Ungeimpften auch tatsächlich realisiere. Die ganz offensichtlich unterschiedlichen Beiträge zum Infektionsgeschehen und zur Belastung des öffentlichen Gesundheitssystems einerseits Ungeimpfter und andererseits Geimpfter und Genesener vermittelten einen rechtfertigenden sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung. Darüber hinaus sei auch die zusätzliche Testobliegenheit für Geimpfte und Genesene, das „Plus“ in der 2-G-Plus-Regelung, derzeit gerechtfertigt, um in den hier beurteilten Fallgestaltungen mit einem signifikant erhöhten Infektionsrisiko durchaus bestehende (Rest-)Risiken der Infektionsverbreitung auch durch diese Personengruppen weiter zu reduzieren.

In dem Verfahren 13 MN 462/21 hatte der Antragsteller darüber hinaus die Anwendung der 2-G-Plus-Regelung bei der Entgegennahme einer Dienstleistung eines Betriebs der körpernahen Dienstleistung beanstandet. Dieser gegen § 8a Abs. 4 Satz 1 HS 1 Corona-VO gerichtete Antrag hat Erfolg. Gemäß dieser Bestimmung hat in Fällen, in denen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt mindestens die Warnstufe 2 gilt, jede Kundin und jeder Kunde, die oder der eine Dienstleistung im Sinne des Absatzes 1 in geschlossenen Räumen entgegennehmen will, bei Betreten des Betriebs entweder einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV und daneben jeweils zusätzlich einen Nachweis über eine negative Testung gemäß § 7 vorzulegen. Der Senat hat die Bestimmung mit sofortiger Wirkung vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Der mit der 2-G-(Plus)Regelung verbundene vollständige Ausschluss Ungeimpfter von allen körpernahen Dienstleistungen sei unangemessen und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens in Niedersachsen keine notwendige Schutzmaßnahme. Das Infektionsrisiko bei der Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen sei regelmäßig auf nur wenige gleichzeitig anwesende Personen beschränkt und könne durch Basisschutzmaßnahmen (bspw. FFP-2-Maske, Testnachweis und Kontaktdatenerfassung) deutlich reduziert werden. Der vollständige Ausschluss Ungeimpfter von allen körpernahen Dienstleistungen berücksichtige grundlegende Bedürfnisse nach einzelnen dieser Dienstleistungen gar nicht, jedenfalls aber mit der allein vorgesehenen Ausnahme für „medizinisch notwendige körpernahe Dienstleistungen“ nicht ausreichend. Der Zugang zu körpernahen Dienstleistungen, die körperpflegerische Grundbedarfe befriedigten (bspw. Friseur und Fußpflege), dürfe derzeit auch für Ungeimpfte nicht vollständig verschlossen werden. Bis zu einer Neuregelung der Zugangsbeschränkungen bei der Entgegennahme einer Dienstleistung eines Betriebs der körpernahen Dienstleistung gelten die Pflichten zum Tragen einer Maske des Schutzniveaus FFP2 o.ä, zur Kontaktdatenerhebung und -dokumentation und zur Erstellung und Umsetzung eines Hygienekonzepts.

Die Außervollzugsetzung der sog. 2-G-Plus-Regelung bei körpernahen Dienstleistungen wirkt nicht nur zugunsten des Antragstellers in dem einzelnen Verfahren. Sie ist vielmehr allgemeinverbindlich.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

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