Kosmetik- und Make-up Studios müssen wieder zittern

HANNOVER (bg). Vier Wochen müssen Silvia Hettigs Betrieb und ca. 70.000 weitere Studios im Bereich Make-up, Kosmetik und Nageldesign in Deutschland geschlossen bleiben. Somit vier Wochen keine Dienstleistung an Kunden, keine Buchungen, das bedeutet im Kontext: vier Wochen kein Einkommen. Da beruhigt auch nicht unbedingt die großzügige Zusage für eine Ausgleichszahlung für diesen Monat durch die Regierung.

Der „Lockdown light“, der von der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder in Berlin beschlossen wurde, trifft die Kosmetikbranche hart, denn auch die letzte Schließung aufgrund von Corona hinterließ Spuren durch Kundenrückgänge. Wo soll das noch hinführen? Selbst die noch nicht fertig durchdachte finanzielle Unterstützung des Staates wird den nachfolgenden Schaden nicht auffangen können.

Silvia Hettig, die seit knapp 18 Jahren in Garbsen-Osterwald nahe Hannover ihr Studio betreibt, weiß dabei noch gar nicht, was genau auf sie zukommt. Kosmetik ist raus, das ist sicher. Nagelstudios sollen hingegen nicht zur Kosmetik gehören, dennoch rufen die Gesundheitsbehörden dazu auf, auch diese zu schließen. Welches auf völliges Unverständnis in der Branche trifft. Hygienekonzepte wurden nochmals nach dem ersten Lockdown überarbeitet und umgesetzt. Sämtliche nur denkbaren Schutzmaßnahmen wurden in der Beauty-Szene miteinander verglichen, um den Kunden und auch für sich als Dienstleister die höchstmögliche Schutzmaßnahme bieten zu können. „Wir arbeiten auf einem hohen Hygieneniveau und dieses kann ich als gelernte medizinische Fachkraft definitiv bestätigen“, so Silvia Hettig.

Die Erinnerungen an den Lockdown im Frühjahr sind bei Silvia Hettig und ihren Kolleg*innen bundesweit noch sehr präsent. „Als wir wieder öffnen durften, lief es schleppend an, da Kunden teilweise Angst mit dem Umgang mit Corona hatten, oder selbst in finanzielle Schwierigkeiten durch Kurzarbeit kamen“, so Hettig. „Dann waren wir gerade einigermaßen wieder auf dem Niveau von vor dem ersten Lockdown im Bereich Naildesign, allerdings im Bereich Hairstyling und Make-up / Hochzeit ist die Dienstleistung fast komplett zusammengebrochen“, erzählt sie. Das Unverständnis von Silvia Hettig und ihren Kolleg*innen auch aus branchennahen Dienstleistungen ist kaum in Worten wiederzugeben, denn es wurde aus diesen Dienstleistungsbereichen anscheinend nicht ein Infektionsfall gemeldet!

Zusätzlich ist Silvia Hettig auch als Dozentin für den Bereich Visagistik, Hairdesign und Make-up Artists tätig. Auch hier hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie vieles nicht gerade zum Positiven entwickelt. Das Unterrichten wird zunehmend schwieriger durch die verständlicherweise zwingend notwendigen Hygiene- und Abstandsmaßnahmen. Die Zusammenarbeit als Make-up Artistin oder Visagistin ist eigentlich mit Fotografen unter den derzeitigen Vorgaben gar nicht mehr möglich. Da ist man in der Branche im Moment sehr vorsichtig geworden

Silvia Hettig ist auch als Dozentin für Visagistik, Hairdesign und Make- up Artists tätig. Corona hat auch diese Tätigkeit erheblich verändert und massiv eingeschränkt. Das Bild entstand noch vor der Corona-Zeit. © Bernd Günther

Wie es nun weitergehen wird mit einem zusätzlichen kompletten Ausfall für einen ganzen Monat bereitet Silvia Hettig und vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen so manche schlaflose Nacht. Einige überlegen inzwischen, ihren mühsam aufgebauten Betrieb aufzugeben. Das Geld reicht häufig gerade einmal für die Ladenmiete und die zwingend laufenden Kosten. Dazu setzen einige inzwischen sogar ihre Altersrücklangen ein.

Die politische Entscheidung, den Bereich der Kosmetikbranche zu schließen, aber den kompletten Einzelhandel offen zu halten, ist den betroffenen Selbstständigen nur schwer zu vermitteln. Die jetzt erforderlichen Maßnahmen müssen sein, das sehen auch die Betroffenen, aber halt mit dem notwendigen Augenmaß und Ausgewogenheit im Hinblick auf die tatsächliche effektive Wirkung. Ob die Kosmetikbranche eher zu der Gruppe der nicht bekannten 75% Auslöser von Infektionen gehört als der Einzelhandel, muß man zumindest kritisch hinterfragen. Selbst nach Rückfrage von Silvia Hettig bei der Industrie- und Handelskammer und dem Wirtschaftsministerium konnten diese die Ungleichbehandlung nicht nachvollziehen. Das Land Sachsen-Anhalt hat übrigens entgegen den Beschlüssen den Betrieb von Kosmetikstudios bei Einhaltung der Hygienepläne weiter erlaubt.

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