Praktischer Fahrunterricht in Niedersachsen weiterhin zulässig
LÜNEBURG (PM / red.). Seit Ende Januar wurde vom Land Niedersachsen die Durchführung des praktischen Fahrunterrichts mit Hinweis auf die derzeitigen Corona-Verordnung per Nachricht untersagt. Dieses sorgte bei den Fahrschulen für erheblichen Unmut. Nun zog ein Fahrlehrer vor das Verwaltungsgericht und dieses stellte klar: Fahrunterricht bleib trotz der Regelungen in der Corona-Verordnung erlaubt.
Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat im Rahmen eines Beschlusses vom 3. Februar 2021 entschieden, dass die Durchführung praktischen Fahrunterrichts derzeit nicht durch § 14a der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 (zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.01.2021, im Folgenden: Corona-VO) verboten ist (Az.: 13 MN 37/21).
In dem Verfahren hatte der Antragsteller, der im Landkreis Gifhorn mehrere Fahrschulen betreibt, beantragt, § 14a Corona-VO vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit sich das darin geregelte Verbot von Präsenzunterricht im Bereich der außerschulischen Bildung auf praktischen Fahrunterricht beziehe.
Zwar hat der Senat diesen Antrag als unzulässig verworfen. Dies ist jedoch nur darauf zurückzuführen, dass die Durchführung praktischen Fahrunterrichts nach Auffassung des Senats derzeit nicht durch die angegriffene Norm des § 14a Satz 1 Corona-VO verboten ist. Deshalb könne der Antragsteller im Hinblick auf den allein streitgegenständlichen praktischen Fahrunterricht nicht geltend machen, durch diese Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Für Fahrprüfungen und die Fahrausbildungsberatung folge die Zulässigkeit bereits aus der ausdrücklichen Ausnahme in § 14a Satz 2 Corona-VO. Praktischer Fahrunterricht, der zu Zwecken einer beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildung durchgeführt werde (z.B. bei angehenden Berufskraftfahrer/innen), sei ebenfalls zulässig. Denn in der von § 28a Abs. 5 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes geforderten ursprünglichen Begründung vom 8. Januar 2021 zu dem mit Wirkung vom 10. Januar 2021 eingefügten § 14a Corona-VO habe der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass sich das darin geregelte Verbot nicht auf Präsenzunterricht zu derartigen Zwecken beziehen sollte.
Aber auch der „gewöhnliche“ praktische Fahrunterricht sei weiterhin erlaubt. Denn in der genannten ursprünglichen Verordnungsbegründung sei auch betont worden, dass der sog. „aufsuchende“ Unterricht, zu dem nach einhelliger Auffassung und Verwaltungspraxis der praktische Fahrunterricht gehöre (vgl. Senatsbeschl. v. 22.1.2021 – 13 MN 17/21 -, juris), nicht von dem Verbot des Präsenzunterrichts betroffen sei.
Diesen durch einschränkende Auslegung ermittelten Bedeutungsgehalt des § 14a Corona-VO müsse der Verordnungsgeber weiterhin gegen sich gelten lassen. Der bloße „nachrichtliche“ Hinweis zu § 14a in der Begründung anlässlich der späteren Änderungsverordnung zur Corona-VO vom 22. Januar 2021, demzufolge der Verordnungsgeber ab dem 25. Januar 2021 unter verbotenem „Präsenzunterricht“ auch den „aufsuchenden“ Unterricht (und damit auch den praktischen Fahrunterricht) verstehe, ändere an der dargestellten Rechtslage nichts. Denn diese Änderungsverordnung habe den Text des § 14a Corona-VO unverändert gelassen. Der in dem „nachrichtlichen“ Hinweis zum Ausdruck gekommene Änderungswille des Verordnungsgebers sei damit bislang nicht umgesetzt worden.
Angesichts des Umstandes, dass das Land Niedersachsen als Antragsgegner in Gestalt dieses Hinweises und weiterer Verlautbarungen im Internet gleichwohl suggeriert habe, praktischer Fahrunterricht sei seit dem 25. Januar 2021 durch Landesverordnung verboten, hat ihm der 13. Senat trotz des Unterliegens des Antragstellers mit dem Normenkontrolleilantrag die Verfahrenskosten auferlegt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Der Beschluss wird zeitnah in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Justiz (www.rechtsprechung.niedersachsen.de/) veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund wird gebeten, von individuellen Anfragen zur Übersendung des Beschlusses abzusehen.
§ 14a der Niedersächsischen Corona-Verordnung lautet:
„Im Bereich der außerschulischen Bildung, vor allem in Volkshochschulen, Musikschulen und Einrichtungen der kulturellen Bildung, ist der Präsenzunterricht untersagt. Weiterhin zulässig sind die Durchführung von Prüfungen und die Bildungsberatung, soweit die Vorgaben des § 2 Abs. 2 eingehalten werden.“
Die Verordnungsbegründung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 8) lautet auszugsweise: „Zu Nummer 8 (§ 14a – Außerschulische Bildung):
Die Regelung stellt für den außerschulischen Bildungsbereich, also insbesondere für die Veranstaltungen der Volkshochschulen, Musikschulen und Einrichtungen der kulturellen Bildung klar, dass ein Präsenzunterricht nicht zulässig ist. Dies betrifft auch die Tätigkeit von Nachhilfeeinrichtungen; zulässig bleibt dagegen der sog. aufsuchende Unterricht, wie zum Beispiel der Einzelmusikunterricht im Hause einer Schülerin oder eines Schülers. Nicht erfasst vom Verbot des Präsenzunterrichts sind Veranstaltungen und Angebote im Bereich der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung, für die in § 2 Abs. 3 Nr. 6 klargestellt ist, dass für sie die Kontaktbeschränkungen nach § 2 Abs. 1 und das Abstandsgebot nach § 2 Abs. 2 nicht gelten.“
Die Verordnungsbegründung vom 22. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 30) lautet auszugsweise: „Nachrichtlich zu § 14a:
Das Verbot des Präsenzunterrichts umfasst auch den aufsuchenden Unterricht, da auch dieser in Präsenz vor Ort durchgeführt wird. Nicht durch § 14a geregelt wird die berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung. Um eine berufliche Aus-, Fort- oder Weiterbildung handelt es sich dann, wenn ein unmittelbarer Bezug zu einem angestrebten Beruf oder dem ausgeübten Beruf besteht.“