Niedersachsen feiert seinen 75. Geburtstag mit einem Festakt
Hannover (red). Im Hannover Congress Centrum feierten heute rund 2.000 geladene Gäste und Prominente den 75. Geburtstag des Landes Niedersachsen. Zuvor fand ein Ökumenischer Gottesdienst in der hannoverschen Marktkirche statt.
An dem Festakt nahmen auch drei frühere niedersächsische Ministerpräsidenten teil. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU) und Gerhard Glogowski (SPD) feierten zusammen mit vielen Ministerinnen und Ministern der im Moment im Amt befindlichen Landesregierung im Kuppelsaal.
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) eröffnete mit einer Begrüßung die Veranstaltung: „Liebe Gäste, wir haben wahrlich Grund zum Feiern. Am Anfang unserer Landesgeschichte stehen ein verlorener Krieg, Millionen Tote, Millionen von Flüchtlingen, die kreuz und quer durch das Land geirrt sind. Es gab Zerstörung, wohin das Auge blicken konnte, und vor allem befand sich Deutschland auch auf dem moralischen Tiefpunkt seiner Geschichte. Am Anfang unserer Landesgeschichte stand auch Bergen-Belsen, bis heute das wohl wichtigste Symbol in Niedersachsen für unfassbare Verbrechen, die eben auch in unserer Heimat begangen worden sind.
Was für ein Wandel, den wir ein dreiviertel Jahrhundert später genießen können! Ein dreiviertel Jahrhundert in Frieden, in persönlicher und politischer Freiheit, mit – alles in allem stetig wachsendem Wohlstand. Vergleichen wir unser Leben heute mit dem in vielen anderen Regionen auf der Welt, dann können wir nur tief dankbar sein, meine ich.
75 Jahre Niedersachsen, das wollen wir heute feiern. Erwarten Sie aber bitte keine Grundsatzreden. Eine Ausnahme macht da vielleicht der Vortrag von Dr. Navid Kermani. Wir haben Herrn Dr. Kermani gebeten, den Blick über Niedersachsen hinaus auf die Rolle Deutschlands in der Welt zu richten. Lieber Dr. Kermani, wir freuen uns sehr auf Ihre Rede!“
Im Anschluss richtete Landtagspräsidentin Gabriele Andretta (SPD) einige Grußworte an die Anwesenden: „Eines sollten wir ganz besonders feiern: Die Gründung Niedersachsens war eine entscheidende Weichenstellung für den Weg unseres Landes in die Demokratie. Frieden, Freiheit, Vielfalt und Versöhnung – dafür ist die Demokratie in Niedersachsen seit 75 Jahren ein Garant!“
Als gekonnte Zwischeneinlage zeigte dann auf der Bühne das Showteam des „Feuerwerks der Turnkunst“ dem begeisterten Publikum einen kurzen Ausschnitt aus seiner Turnshow. Das Team setzt sich zum größten Teil aus ehemaligen Athleten des Niedersächsischen Turner-Bundes zusammen und trainiert 3-5 Mal wöchentlich für den großen Auftritt bei Europas erfolgreichster Turnshow.
Die Festrede hielt der in Köln lebende freie Schriftsteller Dr. habil. Navid Kermani. Er ist habilitierter Orientalist und Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Dr. Kermani wurde schon mit vielen Preisen ausgezeichnet. Dazu zählte der Kleist-Preis, der Hölderlin-Preis, der Joseph-Breitbach-Preis sowie der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
In seiner Rede schlug er einen Bogen zwischen dem vor kurzem gescheiterten Militäreinsatz in Afghanistan und der militärischen Situation, die zur Entstehung von Niedersachsen vor 75 Jahren geführt hatte. Er mahnte die Verschlechterung für die Bevölkerung in Afghanistan an, vom Ende einer Mission, die nur rund 20 km entfernt auf dem Fliegerhorst Wunstorf vor kurzem ihr Ende fand. Dr. Kermani hierzu: „Auch die Gründung des Bundeslandes Niedersachsen am 1. November 1946 verdankt sich einem ausländischen Militäreinsatz und erfolgte durch eine Besatzungsmacht. Das heißt, wir feiern heute den phänomenalen Erfolg einer militärischen Intervention. Und wir sahen vor zwei Monaten zwanzig Kilometer entfernt das Ende einer spektakulär gescheiterten militärischen Intervention.“ Seine Worte und der gezogene Vergleich stimmten so manchen bei dem Festakt nachdenklich.
Als Ausgleich trat dann auf der Bühne Dietmar Wischmeyer auf, den die Niedersachsen eher als „Günther, der Treckerfahrer“ aus dem Rundfunk kennen. Seine typische Art zeigte – einen Niedersachsen kann einfach nichts aus der Ruhe bringen. Sein Vergleich, die Rheinländer wären zwar lustig, die Niedersachsen aber hätten Humor, löste bei den Zuschauern Beifall aus.
Den Abschluss des Festaktes bildete die vom Niedersächsischen Jugendsymphonieorchester gespielte Nationalhymne unter dem Dirigat von Stephan Zilias.