Auf und Ab der Armutsquote in Hannover
HANNOVER (PM). Die Corona-Pandemie hat Armut in Hannover zeitweise verstärkt. Ende 2021 war die Armutsquote jedoch wieder auf das Niveau des Jahres 2019 gesunken. Das geht aus dem aktuellen Armutsmonitoring hervor, das die Landeshauptstadt Hannover heute (14. November) präsentiert hat. Für 2022 und 2023 rechnet die Stadt wieder mit einem Anstieg der Quote.
Dem Monitoring zufolge lag die Armutsquote Ende 2019 bei 14,7 Prozent, stieg 2020 aufgrund der Pandemie auf 15,3 Prozent und sank Ende 2021 wieder auf 14,8 Prozent. Gestiegen ist die Zahl der Personen, die Transferleistungen beziehen: Ende 2021 waren 80.303 Menschen in Hannover auf solche Leistungen angewiesen, das sind 450 mehr als Ende 2019. Wie aus dem Monitoring weiter hervorgeht, gab es 2021 einen überproportionalen Rückgang in der Armutsquote von Alleinerziehenden. Dagegen ist die Altersarmut weiter gestiegen.
„Die Entwicklung zeigt in einigen Bereichen eine leichte Stabilisierung. Wir dürfen jedoch nicht nachlassen, Angebote für einkommensarme Gruppen, insbesondere Kinder und Jugendliche, umzusetzen. Die Menschen brauchen Perspektiven und Chancen, sowie Transparenz über alle Rechtsansprüche zur finanziellen Mindestsicherung“, sagte Sylvia Bruns, Dezernentin für Soziales und Integration, im Sozialausschuss der Landeshauptstadt Hannover.
Armutsquote von Familien ist 2021 gesunken
In einigen Bevölkerungsgruppen hat die Armutsquote Ende 2021 ein Niveau erreicht, das sogar leicht unterhalb des vorpandemischen Ausgangsjahrs 2019 liegt. Das betrifft Familien (minus 0,6 Prozentpunkte), Kinder und Jugendliche (minus 0,7 Prozentpunkte), Allein- und Getrennterziehende (minus 1,7 Prozentpunkte) sowie Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit (minus 0,2 Prozentpunkte).
Bei Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit (plus 0,7 Prozentpunkte) und bei der Generation 60 plus (plus 0,5 Prozentpunkte) war die Armutsquote Ende 2021 höher als im Jahr 2019.
Kinderarmut stagnierte auf hohem Niveau: Zwar war die Anzahl der Kinder von 0 bis 17 Jahren, die in einkommensarmen Familien leben, Ende 2021 im Vergleich zum Vorjahr, um 643 Kinder auf 21.901 (minus 2,9 Prozent) zurückgegangen. Die Kinderarmutsquote lag aber nach wie vor bei 25,8 Prozent. Das bedeutet, dass mehr als jedes vierte hannoversche Kind unter 18 Jahren in einem einkommensarmen Umfeld lebt. Darüber hinaus gibt es zunehmend „statistisch verdeckt arme“ Kinder. Denn die Transferleistungsquote berücksichtigt nicht die Kinder, die einen „Kinderzuschlag“ bekommen.
Bei ausländischen Staatsangehörigen zeigte sich folgendes Bild: 2021 nahm die ausländische Bevölkerung in Hannover deutlich zu (plus 3335 Personen), während die Anzahl deutscher Staatsangehöriger sank (minus 2.756 Personen). Gleichzeitig sank die Transferleistungsquote bei der ausländischen Bevölkerung deutlich stärker (minus 1,1 Prozentpunkte), als bei der deutschen Bevölkerung (minus 0,5 Prozentpunkte).
Dennoch ist die Armutsquote bei Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach wie vor deutlich höher (34,1 Prozent), als bei Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit (10,0 Prozent).
14 000 Senior*innen auf Leistungen angewiesen
Mehr als 14.000 der in Hannover lebenden Senior*innen bezogen 2021 Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, meist Grundsicherung im Alter. Die Transferleistungsquote der Generation 60 plus lag bei 10,4 Prozent, Tendenz steigend. Damit nahm die Altersarmutsquote innerhalb eines Jahres um 229 Personen, das entspricht 1,7 Prozent, zu. Die Stadt geht von einer erheblichen Dunkelziffer bei der Altersarmut aus. Der Grund: Ein Teil der Anspruchsberechtigten verzichtet aus Scham, Unwissenheit oder Fehlinformiertheit darauf, Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Die Armutsquote Alleinerziehender sinkt in Hannover seit 2016 deutlich und kontinuierlich von über 50 Prozent im Jahr 2016 auf gut 44 Prozent Ende 2021. Steigende Erwerbstätigkeit und eine bessere Verfügbarkeit von Kinderbetreuung könnten dazu beigetragen haben.
Ausblick 2022 und 2023
Die Entwicklungen im Jahr 2022 sind geprägt von den Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der Energiekrise sowie dem Zuzug Geflüchteter infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine.
Bereits vor der Energiekrise bis Ende 2021 waren in Hannover steigende Wohnkosten, gestiegene Angebotsmieten und Zahlungsverzüge bei Versorgungsbetrieben zu beobachten.
Vor diesem Hintergrund ist mit steigenden Armutsquoten nach Einschätzung der Stadt absehbar zu rechnen – insbesondere dann, wenn aufgrund einer drohenden Rezession zusätzlich Arbeitsplätze wegfallen sollten. Maßnahmen wie das voraussichtlich 2023 in Kraft tretende Bürgergeld, Wohngeld-Plus oder der Energiepreisdeckel sollen diese Härten insbesondere für geringverdienende Haushalte abfedern. Es bleibt aus heutiger Sicht offen, wie schnell und wirksam diese Instrumente greifen werden.